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Was wir von Menschen mit Demenz lernen können mit Michael Hagedorn

Shownotes

In dieser Episode sprechen wir mit Michael Hagedorn – Fotograf, Autor und Demenzbegleiter – über das Thema Demenz. Wir tauchen ein in persönliche Erfahrungen, spannende Projekte und die Frage, wie wir Menschen mit Demenz besser verstehen und begleiten können.

Mehr zu Michael Hagedorn: www.michaelhagedorn.de

Darum geht’s in dieser Folge:

  • Wie Michael Hagedorn zum Thema Demenz gefunden hat
  • Warum Geschichten und Bilder Brücken bauen
  • Was wir alle für einen würdevollen Umgang mit Betroffenen tun können

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Transkript anzeigen

00:00:00: Hallo und herzlich willkommen. Hallo und schön, dass ihr alle wieder dabei seid.

00:00:06: Herzlich willkommen in eurem Pflegecafé. Da sind wir wieder. Ja, und heute wieder mit einem sehr

00:00:11: wertvollen Gast und ich freue mich sehr auf den Austausch und ich freue mich, dass wir euch dieses

00:00:16: ganze Wissen entsprechend übermitteln können. Ja, ihr seht ihn im Bild Michael Hargedorn ist

00:00:23: heute bei uns, dem ein oder anderen dürfte er sehr bekannt sein. Lieber Michael, herzlich willkommen

00:00:28: bei uns im Pflegecafé. Stelle dich doch bitte einmal vor. Ich freue mich, dass ich bei euch sein

00:00:34: kann. Wie geht die da, die Varianz? Mein Name ist Michael Hargedorn. Ich bin seit hierher, kann

00:00:41: man fast sagen, Fotograf und habe mich vor über 20 Jahren des Themas Demenz und auch im

00:00:48: weiteren Sinne Altenpflege, aber vor allem des Schwerpunkt Demenz angenommen. Und seitdem ist

00:00:52: das so ein Herzensprojekt von mir und das mich einfach nicht mehr loslässt. Ja, aber sprechen wir

00:00:59: heute auch. Ja, aber sprechen wir heute. So sind wir aufeinander gestoßen, weil wir ja unser,

00:01:05: sage ich mal, Podcast ja auch überall veröffentlichen, so ein bisschen Werbung machen und wir haben

00:01:11: dich selber, also wir sind selber über dich so häufig gestolpert und haben uns dann sehr gefreut,

00:01:17: als wir zueinander gefunden haben, weil das Thema ist ja ein Thema mittlerweile ja Millionen

00:01:23: betrifft und es gibt so viele unterschiedliche Arten von demenziellen Erkrankungen. Da wollen

00:01:29: wir heute gar nicht so drauf eingehen, sondern wir wollen uns ja eher damit beschäftigen,

00:01:33: wie dieses Ganze wahrgenommen wird. Und du hast ja auch so viele tolle Projekte in der

00:01:38: Vergangenheit gemacht, wo du einfach sehr häufig ja die Erfahrungen, sage ich mal Erfahrungen

00:01:48: sammeln konntest zu diesem Thema und dir so ein Bild machen kannst und uns interessiert einfach

00:01:54: wirklich, also mich auf jeden Fall total, ich weiß ich es bei dir ist, aber ich glaube auch mich

00:01:58: interessiert total, wie dieses Thema heutzutage in der Gesellschaft wahrgenommen wird, wie damit

00:02:04: umgegangen wird und vielleicht auch so ein bisschen was man Leuten mit auf den Weg geben kann, die

00:02:10: davon betroffen sind. Bevor du gestartetest Michael, also ich habe mein erster Gedanke war Demenz,

00:02:17: also jetzt nicht so ein sexy Thema, was irgendwie überall propagiert wird und dann auch noch ein

00:02:23: Fotograf in dieser Kombination, also von daher hat mich das sehr, sehr interessiert und genau,

00:02:31: du erzählst uns jetzt einfach mal, wie das Ganze überhaupt gestartet ist. Okay, es waren jetzt

00:02:38: mehrere Fragen. Ich beginne mal von vorne sozusagen. Wie kam ich zu dem Thema? Ich werde

00:02:44: natürlich immer wieder gefragt, wie kommt es, dass ich ein Fotograf so schwerpunktmäßig auf so

00:02:49: ein Thema, das so wenig sexy ist, wie du sagst, irgendwie auch irgendwie fokussiert. Gab es eine

00:02:54: persönliche eigene Betroffenheit? Nein, die gab es nicht. Das war nicht der Auslöser, sondern ich

00:03:00: hatte schon Jahre vorher ziemlich viele Projekte gemacht zum Thema Alter. Ich scheinbar so ein

00:03:06: Febe für ältere Menschen zu haben und daraus ergab sich, dass ich immer wieder Begegnungen hatte

00:03:12: mit Menschen, mit Demenz und ich wurde neugierig und dann habe ich gedacht, was ist das für einen

00:03:16: Phänomen, dass dahinter steckt. Ich habe dann irgendwann auch gedacht, okay, jetzt wird es auch mal

00:03:21: Zeit, dass ich mich dem Ganzen mal ein bisschen mehr widme. Ich habe einen Stipendium beantragt für

00:03:25: einen Langzeitprojekt zum Thema Demenz und habe es dann noch bekommen und war dann erst mal erschrocken.

00:03:30: Ich dachte, oh Gott, wie geht es mir dieses Thema an, dass so unglaublich angstgehaftet ist,

00:03:35: dass so zerbuberhaftet ist mit so vielen wirren Vorstellungen und musste mich selber erst mal

00:03:42: irgendwie zurechtfinden. Ich war geprägt von diesem negativen Bild aus den Medien bei Demenz,

00:03:48: dass die Menschen ihre Möglichkeit verlieren, dass sie nur noch eine leere Hülle sind und so was,

00:03:52: also was man da so lesen musste und teilweise immer noch musste ist furchtbar. Und ich habe mich da

00:03:58: so ein bisschen durchgearbeitet, sehr viel hospitiert und denken geputzt, um dann relativ schnell

00:04:03: festzustellen, es ist doch vieles ganz anders als ich dachte, als die meisten denken. Und das war

00:04:10: so eine Initialzündung für mich. Also diese Berührung mit dem Thema, dass, wie du selber sagst,

00:04:18: ist ja heute immer noch so, dass Demenz ja sehr häufig sehr negativ dargestellt wird und es gibt

00:04:24: ja so theatralische Filme und Videos, wo man denkt, morgen geht die Welt unter. Also ich habe selber

00:04:31: die Erfahrung gemacht, weil mein Stiefoper auch schwer, Demenzkrank war zum Schluss und fand

00:04:37: das damals schon immer diese Art und Weise, wie Demenz dargestellt wird, sehr negativ. Ja,

00:04:44: also ich habe selber in der Familie auch gehabt, beide Großmüttern und für mich war das immer

00:04:50: erschreckend, dass die Kinder den Umgang nicht geschafft haben. Also ich finde, das sind keine

00:04:58: leeren Hüllen, aber das sind ganz andere Menschen dann in der Hochform. Definitiv nicht mehr die

00:05:04: Mutter, die es mal war, aber dass die Kinder damit nicht umgehen können. Das fand ich halt so

00:05:10: schräglich, dass ich dann meinen Tanten und Onkels da entsprechend da fühlen musste, dass mit dem

00:05:17: Menschen jetzt anders umgegangen werden muss. Also das waren so meine Erfahrungen auch innerhalb

00:05:21: meiner Familien. Ja, also dieses Thema ist ja unglaublich komplex. Jeder Mensch lebt seine

00:05:28: eigene Form davon und es geht mir in meiner Arbeit auch nicht darum, das Ganze zu relativieren oder

00:05:34: zu verharmlosen sozusagen. Das ist gar nicht so schlimm. Ich lade die Menschen ein zu einem

00:05:39: Perspektivwechsel, um ihnen die Möglichkeit zu geben und für viele ist es überhaupt mal neu,

00:05:45: überhaupt zu erfahren, dass es sowas geben kann. Dass man auch anders draufschauen kann,

00:05:48: dass man mit der Situation anders umgehen kann, daraus lernen kann, dass man sich gemeinsam mit

00:05:53: dem Menschen, mit dem Demenz, mit dem Angehörigen auf einen Weg begeben kann. Ja, denn je fortgeschrittener,

00:05:59: die Demenz ist, umso weniger ist es dem anderen möglich in unsere Lebenswelt zu kommen. Wir

00:06:05: müssen mit ihnen mitgehen in ihrer Lebenswelt und diese Brücke zu bauen, das ist entscheidend,

00:06:10: weil über diese Brücke zu gehen, Menschen mit Demenz, reichen uns oft auf die Hand und geben

00:06:17: uns sozusagen die Möglichkeit, ihnen entgegenzukommen über Emotionen und andere Dinge. Ja, da hatten

00:06:24: wir ja schon, du kennst ja auch mit Josefine Grün eine ganz tolle Folge Musik und Demenz,

00:06:29: auch dieser Zugang zu Menschen, die vermeintlich nicht mehr ansprechbar sind und von vielen eben

00:06:36: dann auch abgeschrieben werden. Das muss man ja ganz klar so sagen, dass über eben diesen Zugang

00:06:42: der musikalischen Gestaltung Menschen reagieren und agieren. Also das fand ich auch sowas von

00:06:51: faszinierend. Also man hatte das früher, als ich im Pflegeheim gearbeitet habe, da haben wir

00:06:55: teilweise Phasen gehabt, da haben wir morgens einfach Musik angemacht, da liefen ja immer so schön

00:06:58: diese Bergpanorama-Videos und da hatten wir so schöne Musik und das sorgte aber, dass wir

00:07:04: eine halbe Stunde später, die die noch gehen konnten, auf dem Weg zum Frühstücksraum war

00:07:10: Party angesagt und das war mir also über 20 Jahre später nach dem Gespräch mit Josefine,

00:07:16: bin ich da aus diesem Gespräch raus und dachte natürlich. Immerhin lief bei euch das Bergpanorama

00:07:23: mit Musik und nicht RTL-exklusiv. Also die Musik bringt es am ehesten auf den Punkt, weil es

00:07:37: schon uns am nächsten am meisten zu verstehen ist. Es ist im Prägnantesten wahrscheinlich dieses

00:07:42: Beispiel mit Musik. Aber ähnliche Zugänge haben wir auch über Berührung, über Emotionen überhaupt.

00:07:48: Also die Erfahrung, die ich immer wieder mache mit Menschen mit einer fortgeschrittenen Demenz,

00:07:52: vor allem vom Alzheimer Typ ist, dass sie sich emotional öffnen. Das ist für Menschen gerade

00:07:59: auch diese Generationen jetzt, diese Kriegs- und Nachkriegserfahrung noch gemacht haben,

00:08:04: dass das wie so ein aufbrechendes Panzer sein kann. Ich habe einige Familien erlebt und ich

00:08:12: begleite Familien teilweise über Jahre mit der Kamera, in denen es so war, dass der älteren

00:08:18: Mensch mit der Mensch dann emotional aufmacht, um zum ersten Mal in Jahrzehnten das eigene Kind in

00:08:25: den Arm nehmen konnte, noch diese Nähe gewünscht hat und zugelassen hat. Was da an Heilung

00:08:30: möglich ist, ist überhaupt nicht zu hoch genug einschätzen. Wir müssen es erkennen als der

00:08:43: andere, als der Angehörige, diese Handreichung oder diese Brücke, die da entsteht und müssen

00:08:50: auch darüber gehen. Ich hatte mal ein ganz krasses Beispiel von einer Frau, die ich besucht habe,

00:08:55: die ich kennengelernt habe. Das war eine relativ flüchtige Begegnung von einer älteren Dame

00:08:59: und am Seniorenheim. Und die hatte ein Kaninchen. Das war ihr allerliebstes dieses Kaninchen. Und ich

00:09:06: habe dann so von den noch tolle Fotos mit den beiden gemacht und dann habe ich von den Pflegenden

00:09:10: erfahren dort, dass diese Frau offensichtlich zu dem Kaninchen zum ersten Mal in ihrem Leben so

00:09:15: richtig emotionales Behältnis zu einem Lebewesen hat. Und wenn ihr Sohn zu Besuch kommt, dann ist der

00:09:23: einfachstüchtig auf dieses Kaninchen. Und er sich diese Liebe seiner Mutter so wünschen würde,

00:09:28: dass sie ihm diese so zeigt. Aber sie zeigt ihm indirekt, indem sie dieses Kaninchen so liebevoll

00:09:35: behandelt. Und es wäre nun an ihm, wenn er es wüsste, diesen sozusagen auf sie zuzugehen,

00:09:41: diese Schritte. Das wäre, das wäre, wie schön wäre das. Das macht gerade Gänsehaut. Da fällt mir

00:09:52: ein, ich habe eine Kundin, die auch hochgradig dement ist. Und wenn ich dann mit den Angehörigen

00:09:56: spreche, sie sitzt dann neben mir, dann kommt so ganz flüchtige Berührung, tippt sie mich an. Und

00:10:02: wenn ich dann sozusagen nicht irgendwie dagegen reagiere, kommt sie näher und irgendwann liegt

00:10:08: dann ihre Hand auf meinem Schoß und dann streichelt ich die Hand. Und da ist mir halt auch bewusst,

00:10:12: dieses Nähe, dieses Unterbewusstsein, dieses Nebedürfnis muss einfach auch befriedigt werden,

00:10:19: dieses überhaupt mal angefasst zu werden. Ja, ja. Ja, dieses Zulassen von auch von den Angehörigen.

00:10:27: Also das ist ja das, was wir sehr häufig in Erstberatung erleben, wo dann diese, diese

00:10:33: Ablehende oder dieses nicht wahrhaben wollen, sagen wir es mal so rum. Also nicht mal dieses

00:10:39: nicht akzeptieren, sondern eher dieses nicht wahrhaben wollen, dass es jetzt tatsächlich so ist.

00:10:43: Und das dann sich selber zuzulassen und sagen, okay, wie gehe ich jetzt damit um? Und ich finde

00:10:50: immer solche, es gibt ja diesen Film Honig im Kopf. Und das ist so dieses Paradebeispiel wie

00:10:56: ich finde, uns Kinder und junge Menschen eben auch lehren können, damit umzugehen,

00:11:03: weil die ja viel unbedarfter sind als wir. Und das ist auch die wunderschöne Message dieses

00:11:08: Filmes. Der ist natürlich schweigermäßig irgendwie total überdreht. In so einer Szene sind

00:11:13: auch drin, wo ich denke, oh, das hätte es nicht gebraucht, so, weil es mit der Suche stichwort

00:11:18: Kühlschrank. Aber die Hauptmessage, dass die Verbindung auf der Herzensebene, dass wenn die

00:11:25: funktioniert, fügt sich der Rest. Das bringt dafür einen wunderschönen Rüber. Und die haben

00:11:31: wahrscheinlich übrigens auch den Namen ein bisschen geklaut. Ich habe ja vor 18 Jahren die Initiative

00:11:37: Konfetti im Kopf gegründet und später auch ein Verein und so was. Und ich kann mir vorstellen,

00:11:42: dass sie da vielleicht ein bisschen sich haben inspirieren lassen. Ja, das kann ich mir gut

00:11:49: vorstellen, weil es ist, also über Konfetti im Kopf bin ich auch schon sehr häufig gestolpert.

00:11:54: Das war so, also eigentlich das Erste, was ich von dir wahrgenommen habe, war dieses Projekt. Also

00:12:00: ich werde wahrscheinlich zu einem viel späteren Zeitpunkt darauf gestoßen sein, als es mal

00:12:04: initiiert wurde. Aber das war das Erste, wo ich dich wahrgenommen hatte, wo ich dachte, ach,

00:12:08: das ist ja interessant. Das ist ja, das ist ja wirklich sehr spannend. Und über verschiedenste

00:12:14: Kolleginnen und Kollegen kommt man dann eben irgendwann zusammen. Und ich finde einfach,

00:12:19: dass was du machst, also auch dieses sichtbar machen, dass also auf so eine so eine ganz

00:12:25: liebevolle Art sichtbar machen, das finde ich eben total beeindruckend, weil es gibt ja diese

00:12:31: Möglichkeit mit dem Holzhammer. Und manchmal finde ich auch, dass so ein, also kein Verständnis

00:12:39: für Kunst hat oder nicht Kunst ambitioniert ist. Ich bin es mit Sicherheit nicht, weil ich bin

00:12:42: künstlich total unbedarft. Aber wenn ich mir manche Fotos angucke und wenn ein Foto einen

00:12:48: emotional berührt, ja, das finde ich dann schon, das ist so eine ganz hohe Kunst. Und wenn man aus

00:12:55: so einem Foto eben eine Verbindung zwischen zwei Menschen sehen kann, wenn man auch einen Verlauch

00:13:00: sehen kann, finde ich also mein absoluter Respekt davor und auch ein großes Dankeschön dafür für

00:13:06: dieses sichtbar machen, weil es eben gar nicht so einfach ist. Und ist es, also hast du das,

00:13:13: muss ich mal fragen, ist es so, dass du als du damals angefangen hast zu jetzt? Hat sich

00:13:20: irgendetwas verändert in deiner Wahrnehmung mit demenziell erkrankten Menschen oder dein

00:13:25: Umgang mit ihnen? Also in meinem Umgang mit Menschen mit Demenz hat sich eigentlich so von der

00:13:31: Haltung her und von all dem nicht viel verändert, also gar nicht eigentlich. Ich hatte von Anfang an

00:13:36: irgendwie diesen Zugang zu ihnen. Ich werde immer wieder gefragt, wie machst du das? Das muss doch

00:13:41: ganz schön kompliziert sein, da irgendwie so, aber ich glaube, wenn man mit offenem Herzen auf

00:13:45: sie zugeht, und es gedingt ja auf vielen Pflegenden. Ein, für die das Tolle ist, die mit Menschen mit

00:13:52: demenz arbeiten und andere finden, das herausfordern. Es braucht so ein gewisses Mindset, so eine

00:14:00: und offen lautet.

00:14:02: es irgendwie von Anfang an gehabt zu haben und es macht da sofort Klick und

00:14:05: dieser Zugang war irgendwie da. Ich muss jetzt auch irgendwie mal dieser

00:14:10: Stelle auch mal einwerfen, dass wir, also wir nähern uns ja sozusagen in diesem

00:14:16: Ganzen an, das ist ja irgendwie, das Thema Demenz ist ein riesengroßes Thema,

00:14:22: wo es sehr viele unterschiedliche Dinge unter einen Dach gepackt werden, die

00:14:27: eigentlich ursächlich gar nicht zusammenhängen. Das macht es ein bisschen

00:14:31: schwierig von Demenz als mal hinzusprechen. Also wir müssen halt uns teilweise in

00:14:36: Gemeinderungen irgendwie retten, aber es gibt sehr viele verschiedene Formen, die

00:14:40: auch unterschiedliche Ausprägung haben. Wenn ich Menschen mit Demenz spreche,

00:14:43: spreche ich überwiegend von dem Typ Alzheimer, der halt auch irgendwie einen

00:14:47: relativ ähnlichen Verlauf nimmt. Das ist einfach nur mal jetzt so als Fußnote,

00:14:53: damit das nicht falsch verstanden werden kann. Der Umgang ist nach wie vor

00:14:59: ich freue mich unglaublich jedes Mal, wenn ich in eine Einrichtung komme, wo

00:15:04: Menschen mit Demenz sind und habe ich schon ganz früh gedacht in diesem Projekt.

00:15:09: Also wenn ich durch so eine Fußgängerzone gehe, in eine Großstadt, dann kommen mir

00:15:15: viel mehr Menschen mit traurigen Gesichtern entgegen, mit denen ich nicht

00:15:20: tauschen würde, als auf so einer Station mit Menschen mit Demenz. So wie auf so

00:15:26: eine ganz andere, in so einem anderen Seinszustand, teilweise schon sind, wo du

00:15:31: fast das Gefühl hast, manchmal, ich will das nicht überhöhen, aber wo du das

00:15:35: Gefühl hast, da ist schon fast was Übersinnliches. Das Transcendent, dass

00:15:41: sie sind schon in so einem Übergang zu was anderem, also ob sie den Zugang haben, zu

00:15:45: was hören. Die Entdeckung, die Erfahrung habe ich zum Beispiel auch gemacht, in

00:15:50: Australien habe ich mal ein sehr abgefahrenes Projekt gemacht über

00:15:53: Aborigines und Demenz. Und darüber könnten wir jetzt jetzt lange reden, aber

00:15:59: ein Aspekt, den ich sehr interessant fand, ist, dass die

00:16:02: Native Stots, also die Ureinwohner glauben, dass die Menschen mit Demenz

00:16:07: mehr besseren Zugang zu den Spirits, wie einen Ahnen.

00:16:13: Eine gewisse Verehrung dafür auch da ist, es ist natürlich auch ein gewisser Respekt

00:16:18: auch da. Und durch diese medizinische, wie soll ich sagen, es ist wie so eine Art

00:16:24: von Missionierung, die da stattfindet, dass die ganzen, diese medizinische

00:16:28: Aufklärung über Demenz, übers Land geht und allen erzählt wird, wie schlimm das

00:16:32: ist und worauf sie achten müssen und so was, wird das wieder in unser westliches

00:16:35: Denkmuster gepresst und diese alten tradierten Sichtweisen, die werden dann

00:16:40: so weggeschoben. Das ist nur als Problem dasteht. Ja, das finde ich interessant.

00:16:45: Ja, ja, interessant. Ich sag immer, wenn ich pflegende Angehörige berate, dass

00:16:53: ja dieser, dieses Stadium eigentlich entdeckt wird, also es geht ja bei zwölf

00:16:58: rückwärts los und meistens wird es ja sozusagen entdeckt, wenn der Mensch schon

00:17:01: im Alter sieben sozusagen ist, wo es fortgeschritten ist. Und das, was du vorhin

00:17:06: beschrieben hast, dieser Kennzeit von Kindern, die irgendeinen imaginären

00:17:10: Freund haben, Freund haben und dann halt rum sprechen. Und da ist es

00:17:15: okay und wenn der Demenz erkrankte, dann irgendwas imaginäres hat, ist es nicht

00:17:21: okay und das finde ich halt auch so schwierig in unserer Gesellschaft. Aber

00:17:25: schön, dass dann in anderen Kulturen das sogar beährt, wird sogar wertgeschätzt

00:17:30: wird im Vergleich zu uns. Spannend. Ja, ja. Also das ist wirklich sehr spannend und ich

00:17:36: sehe das in gewisser Weise auch, natürlich möchte ich auch, der

00:17:40: Zustand der Demenz, der Demenz ist keiner, den wir uns absichtlich aussuchen würden.

00:17:43: Es ist auch keiner, der so zu sagen, wie bewusst sozusagen in diesen dahin führt

00:17:48: sozusagen. Aber es hat manchmal schon fast was höhersinnliches, also was

00:17:55: einer höheren Ordnung, wenn ich Menschen in so tiefen Frieden in ihrer

00:18:00: späten Phase der Demenz erlebe und sie so sein dürfen, wie sie es sein wollen,

00:18:04: dann kann das sehr segensreichs auch sein. Und wenn es eben nicht so ist, dass

00:18:10: das Umfeld nicht entsprechend ist, ist es ein Albtraum für alle. Ja, das stimmt.

00:18:16: Ja, das stimmt. Das erlebe ich auch. Also wenn die Angehörigen, die sich

00:18:21: angenommen haben und damit sozusagen positives, positiven Blick haben, die

00:18:27: gehen da ganz anders um und die betroffene Person ist auch relaxter, entspannter.

00:18:32: Und da, wo, also ich erlebe, wenn die Eltern sehr dominant waren, ob Mutter oder

00:18:37: Vater, die jetzt Demenz sind. Damit haben die Kinder Arge Probleme, wie denn diese

00:18:41: dominante Persönlichkeit auf einmal zu so einem kindlichen Verhalten irgendwie

00:18:45: zurückkehren kann. Und in diesen Konstellationen gibt es immer große

00:18:50: Konflikte, finde ich. Ja, das ist natürlich auch irgendwie mit der Situation der

00:18:56: Demenz in der Häuslichkeit ist natürlich wirklich ein sehr komplexes, spannendes

00:18:59: Thema, weil ja sehr viel unaufgearbeitetes auch im Raum steht,

00:19:03: zwischen den Generationen, aber auch in der Partnerschaft. Ja. Und wenn ich irgendwie

00:19:08: in der Partnerschaft schon seit 40 Jahren bin, wo ich seit 20, 30 Jahren wirklich

00:19:13: keine wirklich innere Nähe mehr spüre und einer von beiden bekommen der

00:19:17: Demenz, der wird sich das nicht, wird das nicht aushalten, der wird es auch seine

00:19:21: zeigen, dass das hier nicht mehr stimmig ist. Ja. Und dann spricht man gerne von

00:19:25: Aggression und so, ja, woher kommt die Aggression? Ja, genau, woher ist der

00:19:29: erklärt auf den Fälle, wo man hinkommt und wo dann die Ehefrau sagt, ja, immer nur

00:19:33: wird es nicht um ihn gekümmert, ich bin auch noch da und der macht hier nur

00:19:36: Blödsinn und so, ja, alles erlebt. Ja, ja, also das ist total faszinierend. Ja. Und

00:19:42: ja, sie hat natürlich recht, dass es auch sehr um sie geht, natürlich auch die

00:19:47: Rolle als pflegende Angehörige, als es natürlich auch ein Wahnsinnsjob, also ich

00:19:51: habe davor größten Respekt, muss ich sagen. Ja. Ich habe vor einigen Monaten

00:19:55: habe ich eine Community gegründet auf der Plattform School, wo sie unter

00:20:02: anderem auch pflegende Angehörige eben auch zusammentonen und wir sind in der

00:20:05: unglaublich schöne Gemeinschaft, wo wirklich alles so geteilt wird und kann

00:20:10: nur jeden, der sich da gerufen fühlt, einladen, mit dabei zu sein, diesen

00:20:14: kleinen Werbeblock, den wollte ich nur. Sehr gerne. Aber sowas von gerne. Sehr gerne.

00:20:19: Also wir werden auch, also ihr seht es jetzt ja schon, ganz viele Sachen

00:20:23: einblenden von dir, damit sie eben dich auch finden und dann eben auch deine

00:20:27: Homepage und so, dass sie eben auch, deswegen bist du ja hier. Also wir wollen,

00:20:30: ja, also unser Anliegen ist ja besondere Persönlichkeiten, die eben sage ich mal

00:20:37: nicht von Steve Jobs fördert wurden und auf den Weg geht, sondern wirklich aus

00:20:42: dem Herzen heraus Sachen machen und wir sagen ja immer, dass was uns in der

00:20:49: Pflege komischerweise weiterbringt, sind alles Persönlichkeiten, die nicht aus der

00:20:54: Pflege kommen. Also die uns Pflegenden auch selber den Blickwinkel weiten und neue

00:21:00: Perspektiven eröffnen, weil wir sind, so sage ich immer, Betriebsblind. Also alle

00:21:04: sind nach mindestens zehn Jahren von in der Pflege, wenn die sogar an Betriebsblind

00:21:07: abgestummt und man denkt gar nicht mehr weiter über den Horizont und also wir

00:21:13: erleben, wir hatten ja schon so einige Folgen, ob das auch Angehörigen ist, die

00:21:18: eben betroffen sind oder eben auch kultursensible Pflege war ja auch mit

00:21:22: dabei oder auch, wenn eben Sexualität einem Erlter eine Rolle spielt und eben

00:21:28: über Jahre unterdrömt wurde und dann eben eine dimensionelle Erkrankung

00:21:31: auftaucht und das zum Vorschein kommt und das waren so spannende Sachen und

00:21:38: dann kamst du und gibst den quasi ein Gesicht und das ist eben das, was dich

00:21:47: so errt und deswegen wollten wir unbedingt mit dir sprechen und eben auch ja so

00:21:51: ein Einblick bieten und ich bin total fasziniert davon, dass es dich über die

00:21:57: Jahre deine Sichtweise nicht verändert hat, weil das zeigt eben, dass du von

00:22:02: Anfang an ein herzliches guter Mensch bist. Man erlebt das, also ich habe Kunden,

00:22:08: wo wirklich diese Konfliktsituation zu Hause sind und ich habe einen Kunden, der

00:22:11: ist bei mir so verankert im Kopf, weil er mit seiner Mutter, die hat Pflege gerade

00:22:15: vier, ist schwerstpflegebedürftig mittlerweile auch körperlich eingeschränkt,

00:22:19: wirklich, also schwere, dimensionelle Form war selber, also die Mutter war

00:22:24: selber mal GDL gewesen auch und das Faszinierende ist, der reist mit

00:22:30: der um die Welt, der schleppt die durch Flugzeuge, der fährt in Urlaub und

00:22:34: überall und dann erzählt der Geschichte, das finde ich total cool, ja, das ist schon

00:22:37: problematisch, um Flugzeug auf sich letztes zu gehen, aber dann müssen die

00:22:39: Stur dessen bei dem Decken halten, da kriegen wir schon immer hin und das finde ich

00:22:43: so fast, krieg ich Gänsehaut, weil er wirklich, das ist für ihn überhaupt kein

00:22:47: Problem und er nimmt sie über mit, der fährt mit den Urlaub, der macht Reisen,

00:22:50: also der selbstständig und sein ganzes Arbeitsumfeld weiß das und alle

00:22:54: müssen sich nach ihm richten und das finde ich so beeindruckend, ich bewundere

00:23:00: diesen Menschen. Es geht auch nicht bei jedem, aber es geht so viel mehr als wir

00:23:04: denken, ich habe auch einen Ehepaar, das ich seit vielen Jahren begleite, wo er

00:23:09: also auch seiner Frau, bis vor kurzem auch mit ihren Urlaub geflogen ist und

00:23:12: sonst was und wenn sie auf dem Flughafen dann sitzt und dann laut vor sich hinsinkt

00:23:16: und ruft und so was, es kratzt ihn überhaupt nicht, wenn die anderen Leute

00:23:20: das hören, weil er ist in Liebe zu seiner Maria und er macht das einmal für sie und

00:23:24: dann ist es voll. Ja genau das. Danke übrigens, dass du das angesprochen hast

00:23:29: mit dem Blick von außen, das war ja irgendwie vor 20 Jahren, als ich damit anfing

00:23:33: mit dem Thema so ein bisschen teilweise auch belächelt, weil ich damals auch eine

00:23:36: relativ radikale Haltung nach außen auch gezeigt habe, da kommt doch gar nicht

00:23:42: der Pflege, da hat er gar keine Ahnung, so hat sich inzwischen geändert, so

00:23:46: das Standing und so der Blick drauf. Ich glaube es ist ganz wichtig auch mal

00:23:50: diesen Blick von außen zu zeigen und dadurch, dass ich hunderte Menschen

00:23:54: getroffen habe, inzwischen habe ich natürlich auch einen relativ großen

00:23:57: Überblick. Aber wir haben in der Pflege die Krankheit, dass wir alles besser

00:24:01: wissen und Leute, die nicht aus der Pflege was wollen die, was wollen die uns

00:24:06: erklären, ich habe das doch viel, viel besser, ja das ist halt das Schwierige, dass

00:24:10: wir wirklich so so eine Abwehrhaltung auch von von neuen Dingen, die von außen

00:24:16: kommen, von Nicht-Experten aus unserem Berufsbereich. Schade, also das ärgert

00:24:20: mich schon seit Jahren, dass wir immer dieses Konkurrenzdenken haben, anstatt

00:24:25: dieses Netzwerkdenken zu verändern. Also nicht alle zum Glück. Also es gibt

00:24:30: groß die Großteil, also der der Kolleginnen und Kollegen, die wirklich auf

00:24:34: einer Wolke unterwegs sind, wo ich mir denke, das könnte auch mal runterfallen, weil

00:24:38: eben dieser Blickwinkel, also ich finde das, so was wir allein durch unser

00:24:42: Pflegecafé in den letzten vier Jahren dazu gelernt haben, Durchgespräche mit

00:24:47: Menschen, die gesagt haben, nee es kann auch anders gehen, es muss anders gehen

00:24:52: und wir oder sie haben einfach quasi Situationen gehabt, in ihrem häuslichen

00:24:57: Umfeld mit Angehörigen haben gesagt, da muss es doch eine Lösung vergeben und

00:25:01: dann haben sie es einfach gemacht und sind damit durchgekommen und dann saßen wir

00:25:04: da an der Pflege, haben gesagt, nee natürlich ist doch ganz einfach

00:25:08: eigentlich und das ist eben dieses Schöne, wenn man auf Menschen trifft, die nicht

00:25:11: aus der Pflege kommen, die unseren Blick weiten, die auch den Blick für alle

00:25:15: anderen weiten und den zeigen, das kann eben doch anders gehen.

00:25:20: Apropos Blickweiten, wie viel gerade diese Begegnung ein, die ich ziemlich früh hatte,

00:25:24: vor fast 20 Jahren mit dieser jungen Frau in einer Tagespflege, eine Richtung in

00:25:28: München und Tagespflege kann ja oft auch herausfordernd sein, da sind oft

00:25:32: Menschen zum Gäste dabei, die noch so harter mit der Situation, die keine

00:25:36: Einsicht haben in ihrer Situation und so weiter, man hat mal ein bisschen so

00:25:39: Bulli und diese junge Frau, sagt er zu mir in einem kurzen Interview, das sie

00:25:43: geführt haben, wenn ich mal alt bin, will ich auch meine Demenz haben, dachte ich.

00:25:50: Warum? Ist voll krass, aber ich habe sofort verstanden, was sie meinte,

00:25:55: dieses Leben im Hier und Jetzt, dieses Selbstbestimmte, wie jetzt möchte ich

00:26:03: das im Jetzt? Ich habe wirklich verstanden, was sie meinte, ich würde zwar nicht

00:26:07: unterschreiben, übernehmen, dieses Gemüse, aber das hat mich doch sehr beeindruckt.

00:26:15: Das ist ein schönes Schlusswort, um hier und jetzt leben und genießen im

00:26:20: Dies sein. Einige Gänsehaut nach der Andere, ich habe hier wirklich nur Gänsehautmomente,

00:26:29: toll, toll, toll, toll, toll und definitiv nicht die letzte Begegnung, also ich hab

00:26:35: Fragen ohne Ende. Wir müssen das wiederholen. Auf jeden Fall. Das werden wir auch auf

00:26:43: jeden Fall definitiv machen. Für jetzt, vielen lieben Dank, dass du dir die Zeit

00:26:48: für uns genommen hast und wir so einen kleinen Einblick in deine Arbeit

00:26:52: kriegen durften, das ist ja wirklich ein kleines Einblick. Wir können nur zehn

00:26:56: Stunden aufnehmen und das werden wir machen, weil das ist wirklich ein Thema,

00:27:00: das ist interessant, das ist wichtig und es weitert den Blick für alle anderen.

00:27:06: Es ist auch ein Thema, das symbolisch steht, auch für viele andere Themen.

00:27:10: Wir sprechen heute oft in den menschfreundlichen Kommunen und so

00:27:14: was in der Gesellschaft. Eigentlich geht es um eine freundliche oder eine

00:27:17: sorgende Gemeinschaft. Es ist egal, welches Label jetzt wer hat, sondern das ist

00:27:22: irgendwie das auch Organisationen, die sich zum Thema Demenz bilden.

00:27:28: Leider musste ja Konfetti im Kopf dieses Jahr aufgelöst werden, ein anderes Thema

00:27:31: glaube ich, aber das wir, die sich da so sehr engagieren für dieses Thema, dass

00:27:36: unsere Arbeit irgendwann überflüssig ist, weil das so selbstverständlich

00:27:39: geworden ist. Das ist unser Wunsch für die Zukunft und da kommen wir hin.

00:27:44: Schön, in diesem Sinne. Bleibt schön gesund, lasst euch nicht unterkriegen,

00:27:50: bleibt zerkastisch und vielen lieben Dank lieber Michael. Bis zum nächsten Mal.

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